20'000 Franken Mindeststammkapital für eine GmbH? Nicht viel Geld für eine Firmengründung, so könnte man meinen. Doch die Realität im Jahre 2020 sieht leider anders aus: Vor allem junge Start-Ups und viele bereits aktive Kleinunternehmer können das Stammkapital für eine GmbH-Gründung oft nicht aufbringen, denn es muss bei der Gründung vollständig vorhanden sein (Voll-Librierung).
Vor allem wenn auf Förderungen und eine Fremdfinanzierung verzichtet wird und auch Mutti und Omi als Geldgeber nicht zur Verfügung stehen, müssen so mehrere Monatsgehälter im Vorfeld nebenbei angespart werden. Beim derzeitigen Schweizer Durchschnittslohn von 6'502.- Franken, den das Bundesamt für Statistik ermittelt hat, vergehen selbst bei Wasser und Brot, ohne Steuerabgaben und ohne Dach über den Kopf ganze drei Monate, bis diese Summe zusammen ist. Doch auch Kleinunternehmer müssen von etwas leben, so dass sich die Kapitalaufbringung für eine GmbH rein aus eigenen Mitteln in der Realität deutlich langwieriger gestaltet.
Zugrunde liegt der angestaubten Regelung die Idee des Gläubigerschutzes: Wenn die persönliche Haftung schon ausgeschlossen ist - so die Argumentation -, dann soll zumindest eine Mindestsumme an Haftungskapital da sein, mit dem eventuelle Gläubiger im Falle eines Falles dann befriedigt werden können.
Zum Gläubigerschutz ist Stammkapital nicht geeignet
Mindestkapitalvorschriften haben sich in der Vergangenheit ausgerecht dafür allerdings nicht nicht nur als unzureichend, sondern ganz klar als völlig nutzlos erwiesen, denn das Stammkapital wird nach der Gründung ja nicht etwa eingefroren oder für die lieben Gläubiger zur Seite gelegt, sondern es steht im Gegenteil dem Unternehmer vollständig zur Verfügung. Denn Stammkapital hat primär die Funktion eine neue Firma mit Geld auszustatten, so dass diese in der ersten Zeit Anschaffungen tätigen und Anschubskosten decken kann.
Geht eine Firma später in Konkurs ist deshalb in der Regel vom Stammkapital nichts mehr übrig. Ganz im Gegenteil sind solche Firmen schon längst tief in die Miesen gerutscht, so dass es hier in der Regel für Gläubiger nichts mehr zu holen gibt.
In England hält man deshalb vom Prinzip Mindeststammkapital als Instrument des Gläubigerschutzes gar nichts. Im Zentrum steht hier voranging das Beleben der Wirtschaft, so dass die Hürden und Hindernisse gerade für Kleinunternehmer erklärtermaßen so klein wie möglich gehalten werden sollen. Da die Angst vor einem Scheitern einer der Hauptgründe ist, eine unternehmerische Tätigkeit gar nicht erst aufzunehmen, ist Haftungsschutz deshalb in England für jedermann zugänglich - und für die Gründung einer Gesellschaft mit Haftungsschutz ist deshalb auch kein Mindeststammkapital vorgeschrieben.
Es genügt wenn die Inhaber jeweils einen ein Pfund einbezahlen. Hat die Gesellschaft dann Geld erwirtschaftet, kann - falls erforderlich - das Gesellschaftskapital immer noch erhöht werden. Von den 3'500'000 Firmen in England kommt das Gros aber auch ganz prima ohne aus.